Wahlprüfsteine Landtagswahl 2022

Die BAUINDUSTRIE NRW fordert, die begonnene Auflösung des jahrzehntelangen Investitionsstaus in NRW konsequent fortzuführen, Investitionen zu verstetigen und Planungssicherheit für Wirtschaft und Öffentliche Hand zu schaffen. Wie verhindern Sie einen fatalen "NRW-Investitionsstau 2.0"?

Um der Wirtschaft und der Öffentlichen Hand mehr Planungssicherheit zu geben, werden wir den Planungs-, Genehmigungs- und Bauhochlauf der letzten Jahre konsequent fortführen. Um den Investitionsstau der Vorgängerregierung anzugehen, haben wir mehr Ingenieurinnen und Ingenieure eingestellt und Rekordsummen für die Planung ausgegeben. Die Investitionen in den Erhalt unserer Straßen und den Bau von Ortsumgehungen haben wir fast verdoppelt. Darüber hinaus konnten wir rund 600 Millionen Euro Bundesmittel für Bundesfernstraßen nach Nordrhein-Westfalen holen. Zudem haben wir ein Zehn-Punkte-Programm für die Beschleunigung von Planung, Genehmigung und Bau –insbesondere für den Ersatzneubau von Autobahnbrücken – vorgelegt. Durch innovative Prämienmodelle wollen wir für private Investoren die Entstehung von gefördertem Wohnraum stärken. Um die Ausweisung von Bauland weiter zu vereinfachen, werden wir Planungsverfahren beschleunigen und unsere Kommunen dabei umfassend unterstützen.

Nordrhein-Westfalen braucht eine finanzpolitische Gesamtstrategie zur zukunftsorientierten Neuaufstellung des Landes. Deshalb wollen wir ein Zukunftsinvestitionsprogramm aufstellen und eine solide Haushaltspolitik betreiben, die den Erfordernissen des Landes, was Investitionsförderung angeht, gerecht wird. Darüber hinaus werden wir den erforderlichen wirtschaftlichen Neustart des Landes nach der Corona-Pandemie aus dem Rettungsschirm nachhaltig unterstützen.

Wir wollen weiter günstige Rahmenbedingungen schaffen, damit die handelnden Akteure eigenständig den Transformationsprozess der Industrie gestalten können und über beste Wettbewerbsbedingungen verfügen. Ziel muss dabei sein, dass die Industrie umfassende Investitionen tätigen kann und mit ihren innovativen Produkten, Verfahren und Prozessen weltweiter Impulsgeber ist. Hierfür setzen wir auf gezielte Initiativen und Maßnahmen wie den Abbau überflüssiger bürokratischer Vorgaben und beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren. Darüber hinaus wollen wir die Voraussetzungen für ein verbessertes Fachkräfteangebot, insbesondere durch gezielte Einwanderung, und eine verlässliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung schaffen. Wir wollen das Bauen weiter erleichtern und beschleunigen und den Wohnungsbau in allen Formen – freifinanziert, gefördert und selbstgenutzt – sowohl durch Neubau als auch durch Wohnraumschaffung im Bestand vorantreiben.

In allen Bereichen sind klare Ziele und Regeln notwendig, um eine langfristige Planungs- und Investitionssicherheit für Unternehmen im Land zu schaffen. Dies ist Kern grüner Industriepolitik und möchten wir gerne bieten. Instrumente müssen hier vor allem auf Bundesebene geschaffen werden. In NRW werden wir Industrieunternehmen mit einem Industriepakt gezielt bei Investitionen in klimaneutrale Prozesse unterstützen und damit Impulse auf Landesebene setzen. Auch möchten wir den Zugang zu Fördergeldern für Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen transparenter, unbürokratischer und einfacher gestalten.

Wie wollen Sie die Kommunen dabei unterstützen, technisch, finanziell und personell handlungsfähig zu bleiben, um die vor Ort nötigen Investitionen zu tätigen, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und bei der Digitalisierung von Abläufen oder der Einführung von BIM voranzukommen?

In den vergangenen Jahren haben wir dafür gesorgt, dass unsere Städte, Gemeinden und Kreise wieder mehr Geld haben, u.a. indem wir beim Bund eine jährlich wiederkehrende Entlastung der Kommunen für die Unterkunftskosten bei Hilfsbedürftigkeit in Höhe von rund einer Milliarde Euro durchgesetzt haben. Zudem haben wir die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen mit der Rekordsumme von rund 64 Milliarden Euro über die Gemeindefinanzierung des Landes gesichert. Wir werden eine Aufgabenkritik vornehmen, um Kommunen besser in die Lage zu versetzen, mit kommenden Herausforderungen umzugehen. Außerdem werden wir Kommunen mit „Digital Coaches“ weiter unterstützen und uns für landesweit standardisierte Verfahren und Techniken einsetzen.

Wir benötigen eine Attraktivitätsoffensive für den öffentlichen Dienst. Das größte Hemmnis für die Bautätigkeit in Nordrhein-Westfalen liegt, neben der Explosion der Baulandpreise, in der personellen Ausstattung der technischen Ämter in den Rathäusern des Landes. Deswegen werden wir unsere Politik der Unterstützung der Kommunen fortsetzen und dafür sorgen, dass ihre finanzielle Verfasstheit besser wird. Nur auf dieser Grundlage kann es gelingen wieder vermehrt Personal bedarfsgerecht einzustellen und bezahlen zu können. Darüber hinaus müssen auch die erheblichen Investitionen in neue Software, die Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eine bedarfsgerechte Personalentwicklung ermöglicht werden. Hierfür wollen wir eine nachhaltige Basis schaffen, in dem wir eine Altschuldenlösung zur Entlastung der Kommunen schaffen und im Zusammenwirken mit dem Bund eine stabile Grundfinanzierung der Städte und Gemeinden in Nordrhein- Westfalen auf die Beine stellen.

Kommunen müssen in der Lage sein, aus eigener Kraft ihre Aufgaben zu bewältigen und Schwerpunkte zu setzen. Dafür sind vor Ort Spielräume und Entscheidungsfreiräume ebenso notwendig wie eine Verbesserung der Einkommensmöglichkeiten der Kommunen. Die Finanzbeziehungen zwischen Kommunen und Land werden wir weiter anpassen. Perspektivisch wollen wir den Finanzanteil der Kommunen an dem Einnahmeaufkommen des Landes (sogenannte Verbundmasse) von derzeit 23 Prozent auf 25 Prozent erhöhen. Wir wollen landesseitig personelle Kapazitäten aufbauen, die durch einzelne Kommunen gezielt abgerufen werden können, wenn unvorhergesehene personelle Engpässe in Bauämtern vor Ort zu massiven Genehmigungsverzögerungen führen. Mit dieser unkomplizierten Task-Force sollen weder Doppelstrukturen aufgebaut noch Personal von den Kommunen abgezogen werden. Sie wird aber zum Erfahrungsaustausch zwischen den Kommunen und damit zu viel Beschleunigung beitragen.

Wir wollen, dass unsere Kommunen wieder selbstbestimmt in eine handlungsfähige Verwaltung investieren können und insbesondere ihre Planungsbehörden in die Lage versetzen können, Planungs- und Genehmigungsverfahren abzuschließen, ohne gesetzliche Fristen ausreizen zu müssen. Neben der Sanierung der kommunalen Haushalte durch einen Altschuldenfonds und einer finanzkraftorientierten Ausgestaltung der Kommunalfinanzierung sowie der Förderlandschaft, wollen wir auch die Digitalisierung in den kommunalen Verwaltungen endlich vorantreiben. Dafür wollen wir u.a. ein Programm auflegen, um mehr qualifiziertes Personal für die für Infrastruktur zuständigen Behörden und Ämter auf Landes- und kommunaler Ebene zu gewinnen. Wir wollen aber auch die Kommunen aktiv unterstützen, sie stärker beraten und fördern sowie ihre Vernetzung untereinander ausbauen, damit sie die Digitalisierung vor Ort besser, eigenständiger und nachhaltiger gestalten können. Bis 2023 werden wir dazu gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden konkrete Vorschläge für eine digitale Verwaltungsstrukturreform erarbeiten.

Wie können der Flaschenhals bezahlbares Bauland geweitet und Baugenehmigungsverfahren beschleunigt werden, um den Wohnungsbau in NRW einfacher, schneller und vor allem bezahlbar zu realisieren und wie lässt sich gleichzeitig die energetische Sanierungsquote im Bestand rasch und deutlich steigern?

Bei der Ausweisung von Bauland werden wir den Wachstumsbedarf der Kommunen ermitteln und dabei ihre Wünsche und Bedarfe berücksichtigen. Wir setzen uns für ein schnelleres, innovatives und nachhaltiges Bauen ein und werden u.a. Baustoffrecycling, 3D-Druck von Gebäuden, innovative Dämmstoffe, Holzbau sowie Photovoltaik- und Solarthermieanlagen auf Dachflächen und über Parkplätzen fördern. Wir haben in unserem Land das technisch-industrielle Know-how, diese revolutionäre, kostengünstige und zugleich klimaschonende Bauweise flächendeckend zu entwickeln. Es gilt eine Sanierungsoffensive für den Gebäudebestand zu starten, da hier die größten CO2-Minderungspotenziale zu heben sind. Der Fokus soll dabei auf Gebäuden liegen, die einen hohen Energiebedarf aufweisen. Die CDU NRW spricht sich für eine Anschubförderung zur Markteinführung von Klimaschutztechnologien aus, wie sie beispielsweise in NRW bereits mit dem Programm progres.nrw – Klimaschutztechnik erfolgreich praktiziert wird.

Zur Bekämpfung der weiteren Explosion der Baulandpreise wollen wir eine konsequente Umsetzung des Baulandmobilisierungsgesetz des Bundes für Nordrhein-Westfalen realisieren. Darüber hinaus sind wir entschlossen, die Grunderwerbsteuer für junge Familien mit Kindern, die Eigentum erwerben, zu kompensieren. Die Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren kann nach unserer Auffassung nur durch eine verbesserte Personalausstattung in den technischen Ämtern der Kommunen erfolgen. Hierzu werden wir die Kommunen zukünftig finanziell besser unterstützen, durch einen alt Schuldenschnitt wie eine stabile Grundfinanzierung der Städte und Gemeinden. Hinsichtlich der Steigerung der Sanierungsquote im Bestand werden wir unter anderem das in der Stadt Bottrop erfolgreiche Modell »Innovation City« landesweit ausrollen und die Kommunen dabei unterstützen durch zugehende und niederschwellige Beratung sowie quartiersweises Vorgehen deutlich mehr Investitionen in die Sanierung des Wohnungsbestandes zu generieren. Auf landeseigenen Grundstücken sollten vermehrt Wohnungen mit Mietpreisbindung gebaut werden.

Wir wollen eine Offensive für mehr Bauland. Neben der Initiative Bau.Land.Leben und der Verdoppelung des Finanzrahmens für die kooperative Baulandentwicklung wollen wir landeseigene Flächen, wo immer möglich und sinnvoll, zusätzlich als Bauland mobilisieren. Wir brauchen schnellere Baugenehmigungen – durch Digitalisierung der Bauanträge, Verkürzung der Vollständigkeitsprüfung auf zehn Tage, mehr Wettbewerb zwischen den Kommunen. Durch konkrete Ziele für Genehmigungen für neuen Wohnraum wollen wir einen Anreiz für schnellere Verfahrenschaffen. Durch durchgehend digitalisierte Prozesse – vom Bauantrag bis zur Weiterbearbeitung – wollen wir für eine zusätzliche Beschleunigung sorgen. Weiterhin wollen wir die Modernisierungsoffensive als Teil der Wohnraumförderung fortsetzen. Damit mobilisieren wir Investitionen in Wohnraum und in die generationengerechte und energetische Sanierung von Bestandsgebäuden.

Wir wollen die Fördermittel für den Bau von sozialen und preiswerten Wohnungen erhöhen. Wir sorgen mit attraktiven Zinsbedingungen und Tilgungsnachlässen für eine Option deutlich längerer Mietpreisbindungen. Unser Ziel ist die Schaffung von deutlich mehr günstigen Wohnungen pro Jahr durch Neubau und Umnutzung. Dazu gehört auch die Förderung von Werkswohnungen, z. B. für die Unterbringung von Pflegekräften. Hierfür fehlt es den Kommunen an eigenem Grund und Boden. Wir werden sie rechtlich und finanziell in die Lage versetzen, eine vorsorgende Grundstückspolitik betreiben zu können. Wir sorgen dafür, dass öffentliche Flächen nicht mehr nach dem Höchstgebot, sondern nach sozialen, inklusiven, städtebaulichen, ökonomischen und ökologischen Kriterien vergeben werden. Wir bevorzugen kommunale Wohnungsbaugesellschaften, gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen und Genossenschaften bei der Vergabe von baureifen Flächen und fördern die Neugründung von Genossenschaften und Baugruppen. So bleibt die Bodennutzung langfristig sozial. Die sozialgerechte Bodennutzung soll als Staatsziel in die Landesverfassung aufgenommen werden. Neue Wohnungen sollen direkt klimaneutral gebaut und vorhandene modernisiert werden, um Klimaschutz auch im Gebäudebereich wirksam umzusetzen. Dies soll konsequent gefördert werden und damit sozial gerecht geschehen. Neben der Förderung von energetischer Modernisierung durch den Bund werden wir daher die Förderprogramme des Landes ausweiten.

Was planen Sie im Hinblick auf den Ausbau und die Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur in NRW, wie können Investitionen verstetigt werden und welche Rolle spielen dabei Innovationen, partnerschaftliche Beschaffungsvarianten und funktionalen Ausschreibungen?

In Nordrhein-Westfalen sollen sich alle Menschen auf eine zuverlässige und sichere Verkehrsinfrastruktur verlassen können. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob man in Ballungsräumen oder auf dem Land lebt. Mit unserem Zehn-Punkte-Programm für die Beschleunigung von Planung, Genehmigung und Bau –insbesondere für den Ersatzneubau von Autobahnbrücken – werden wir Instandhaltungen und den Ausbau der Infrastruktur beschleunigen. Mit konsequentem Bauzeiten-Controlling, Einführung von Fristen, Bonus- und Malus-Regelungen, neuen Ausschreibungsverfahren und mehr 24/7-Baustellen haben wir die Bauzeiten in der Summe insgesamt um mehr als acht Jahre verkürzt. Nordrhein-Westfalen ist die Heimat der Mobilität 4.0: Wir werden die Chancen automatisierter und vernetzt fahrender Systeme zur Steigerung der Verkehrssicherheit, der Flexibilität und der Wirtschaftlichkeit nutzen. Wir werden künstliche Intelligenz im Mobilitätssektor einsetzen, um den Verkehr besser fließen zu lassen und einen größeren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Die gegenwärtige Situation unserer Verkehrsinfrastruktur macht deutlich, dass dem Grundsatz »Erhalt vor Neubau« weiterhin zu folgen ist. Nur auf der Basis einer leistungs- und belastungsfähigen Verkehrsinfrastruktur kann deren weiterer Ausbau erfolgen, ohne dass es zum Verkehrskollaps kommt. Insbesondere hinsichtlich des Zustandes der Brücken im Land, wollen wir einen Brückengipfel einberufen und das vorhandene Brückenmonitoring auf den Prüfstand stellen. In enger Abstimmung mit dem Bund müssen vermehrte Investitionen überjährig in unsere Verkehrsinfrastruktur erfolgen. Die bedarfsgerechte Fortentwicklung unserer Verkehrsinfrastruktur kann nur erfolgreich, weil möglichst zeitnah, realisiert werden, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Planung von Ersatz- und Neubaumaßnahmen weiter gestrafft werden.

Durch eine substanzielle Steigerung der Investitionen in das Landesstraßennetz haben wir einen Kurswechsel eingeleitet. Sowohl den Erhalt als auch den bedarfsgerechten Ausbau der Straßeninfrastruktur wollen wir weiter stärken, damit der Verkehr auf intakten Straßen fließen kann. Um die Verkehrsbelastungen durch Bautätigkeiten zu verringern, wollen wir die bereits unternommenen Anstrengungen zur Verbesserung des Baustellen-Managements weiterführen. Hierzu wollen wir insbesondere auch die Möglichkeiten der Digitalisierung noch viel stärker nutzen, um so das Tempo des Infrastrukturausbaus insgesamt zu erhöhen.  Gemeinsam mit dem Bund wollen wir die Sanierung der Fernverkehrsinfrastruktur, insbesondere der Brückenbauwerke, voranbringen. Wir wollen die Planungs- und Genehmigungsverfahren weiter beschleunigen. Hierbei wollen wir gemeinsam mit dem Bund neue Wege gehen und zum Beispiel die Erfahrungen anderer schneller Brückenneubau-Vorhaben nutzen und beim Neubau der A45-Brücke erproben, um dieses Konzept dann landes- und bundesweit ausrollen zu können. 

Die Sperrung der A45-Brücke bei Lüdenscheid hat einmal mehr aufgezeigt, dass die Infrastruktur dringend sanierungsbedürftig ist. Die Priorisierung des Straßenneu- und -ausbaus durch die ehemalige Bundesregierung und in NRW durch die CDU-/FDP-Regierung mit Hendrik Wüst hat dazu geführt, dass wichtige Sanierungsprojekte – wie eben der Ersatz der Rahmedetalbrücke – zeitlich nach hinten geschoben wurden - mit allen fatalen Folgen. Deshalb ist es wichtig, den Erhalt der Straßeninfrastruktur in den Vordergrund zu stellen, es muss wieder „Sanierung vor Neubau“ gelten und alle Aus- und Neubauprojekte müssen hinsichtlich Klimaschutz und verkehrlicher Notwendigkeit auf den Prüfstand gestellt werden. Außerdem müssen dringend die Schiene, der ÖPNV und die Radverkehrsinfrastruktur ausgebaut werden, damit in NRW alle Menschen mobil sein können, auch ohne eigenes Auto.

Welche Bedeutung haben für Sie die konsequente Digitalisierung von Verwaltungsprozessen, die Einführung von digitalem Bauantrag und digitaler Bauakte und wie können diese flächendeckend und schneller erreicht bzw. eingeführt werden?

Eine konsequente Digitalisierung von Verwaltungsprozessen bedeutet für uns eine Bürger- und unternehmensfreundliche Verwaltung zu schaffen. Wir wollen NRW zum Vorreiter bei der Entwicklung und Nutzung innovativer Technologien und Verfahren machen. Mit meineverwaltung.nrw haben wir bereits den Grundstein für ein zentrales Serviceportal gelegt. Mithilfe der digitalen Identität der Bürgerinnen und Bürger wollen wir Behördengänge überflüssig machen. Das Kommunalportal.NRW werden wir zu einem echten, umfassenden Leitportal mit übertragbaren, digitalen Diensten für die Kommunen entwickeln. Somit können sie jederzeit auf zentrale Lösungen des Landes für digitale Angebote kostenfrei zurückgreifen. Auf Bauportal.NRW ist es bereits heute möglich Informationen zu den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften, zum Ablauf eines Baugenehmigungsverfahrens sowie zur kommunalen Bauleitplanung zu erhalten. Zudem ist eine elektronische Bauantragsstellung möglich, soweit sich die zuständige Bauaufsichts-behörde angeschlossen hat. Das Portal wird kontinuierlich weiterentwickelt und erweitert.

Die Digitalisierung von öffentlicher Verwaltung, von Bauanträgen und Bauakten ist ein unverzichtbarer Bestandteil des notwendigen Innovationstempos, dass unser Land endlich aufnehmen muss. Um dies flächendeckend zu gewährleisten, kommt es vor allem darauf an, alle Kommunen des Landes finanziell in die Lage zu versetzen die notwendigen Investitionen in Personal, Hardware, Software und Fortbildung tätigen zu können. Hier darf es keine Zweiklassengesellschaft zwischen armen und reichen Städten und Gemeinden im Land geben.

Wir brauchen einen schlanken und agilen Staat, der, wenn es notwendig ist, schnell handeln kann. Es soll zukünftig für alle Verwaltungsangebote ein Digitalisierungs-Grundsatz gelten. Jeder Kontakt mit der Verwaltung soll auch digital möglich sein – wenn gewünscht, vom heimischen Sofa statt im Bürgerbüro. Wir wollen so ein Recht auf digitale Erledigung umsetzen. Rechtliche Hürden für eine elektronische Abwicklung von Verwaltungsdienstleistungen müssen systematisch weiter abgebaut werden. Die Vorgänge, die aus rechtlichen Gründen ein persönliches Erscheinen zwingend machen, wollen wir auf ein Minimum reduzieren Wir brauchen schnellere Baugenehmigungen – durch Digitalisierung der Bauanträge, Verkürzung der Vollständigkeitsprüfung auf zehn Tage, mehr Wettbewerb zwischen den Kommunen. Durch durchgehend digitalisierte Prozesse – vom Bauantrag bis zur Weiterbearbeitung – wollen wir für eine zusätzliche Beschleunigung sorgen. Wir wollen landesseitig personelle Kapazitäten aufbauen, die durch einzelne Kommunen gezielt abgerufen werden können, wenn unvorhergesehene personelle Engpässe in Bauämtern vor Ort zu massiven Genehmigungsverzögerungen führen. 

Die Digitalisierung der Verwaltungen gehört zu unseren Prioritäten im Bereich Digitalisierung, neben dem Ausbau schnellen Internets mit Glasfaser und 5G sowie der Unterstützung der Kommunen bei der Digitalisierung insgesamt. Wir wollen sicherstellen, dass alle Behördengänge auch digital möglich sind. Dazu wollen wir nicht nur das Onlinezugangsgesetz weiter umsetzen, sondern auch sicherstellen, dass die Verwaltungen von Land und Kommunen ihre Prozesse vollständig digitalisieren - inklusive der für Außenstehende nicht sichtbaren Fachverfahren. Das E-Government-Gesetz wollen wir vollständig auf die Kommunen ausweiten und sie bei der Implementierung digitaler Verfahren und entsprechender Software unterstützen, damit kein Flickenteppich entsteht, weil sich jede Kommune gezwungen sieht, ihre eigene Lösung entwickeln zu müssen. Dazu gehört auch, dass jetzt möglichst schnell in allen Kommunen die Möglichkeit des digitalen Bauantrags und der digitalen Bauakten eingeführt wird. Wir versprechen uns dadurch deutlich schnellere und transparentere Verfahren und Abläufe. Wichtige Voraussetzung ist aber genügend und gut qualifiziertes Personal in den Bauämtern, deshalb muss der Fokus neben der technischen Ausstattung auch darauf gerichtet werden.

Das Building Information Modelling (BIM) hat sich bei Bauvorhaben der Öffentlichen Hand bislang noch nicht durchsetzen können. Wie wollen Sie erreichen, dass die Öffentliche Hand ihrer Vorbildfunktion in Zukunft besser nachkommen kann?

Die Vorteile der Arbeitsweise Building Information Modelling gilt es in Nordrhein-Westfalen auszuschöpfen. Sind. Hierfür arbeitet der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) bereits eng mit dem Bundes-, sowie Landesverkehrsministerium, Ingenieurbüros und Baufirmen und vielen anderen Beteiligten an der Erarbeitung von Grundlagen der BIM-Methode zusammen. Durch Pilotprojekte sammelt Straßen.NRW zusätzlich bereits wertvolle Erfahrungen in der Umsetzung von BIM-Projekten. Diesen Kurs wollen wir fortsetzen.

Die flächendeckende Nutzung des Building Information Modelling (BIM) darf die öffentliche Hand nicht ausschließen. Auch in den Städten und Gemeinden des Landes muss die entsprechende technische wie personelle Infrastruktur geschaffen werden. Das setzt voraus, dass auch alle Kommunen die erforderlichen Investitionen in Technik, Personal und Fortbildung auch schultern können. Deshalb kommt es für uns vor allem darauf an, die Kommunen in NRW finanziell zu stärken und wieder besser handlungsfähig zu machen.

Moderne Bautechnologien wie den 3D-Druck und BIM-Systeme haben wir in den letzten Jahren bereits stark gefördert und ausgebaut. In den nächsten Jahren wollen wir innovatives und nachhaltiges Bauen zusätzlich befördern. Wir wollen die Entwicklung und Nutzung neuer Baustoffe vorantreiben und zukunftsfähige Konzepte wie etwa „Cradle to Cradle“ nutzen. Dieses Verfahren wollen wir zukünftig auch für Bauprojekte des landeseigenen „Bau- und Liegenschaftsbetriebs“ anwenden. Weiterhin wollen wir für die Kommunen Handreichungen erarbeiten, damit auch sie das Konzept „Cradle to Cradle“ einfacher umsetzen können.

Die Anwendung von Building Information Modelling (BIM) setzt sich erst nach und nach bei den öffentlichen Bauvorhaben durch, leider sind viele kommunale Bauverwaltungen und die kommunale Gebäudewirtschaft noch längst nicht so digitalisiert, wie es sinnvoll und sachgerecht wäre. Deshalb braucht es von Seiten des Landes dafür stärkere Unterstützung, nicht nur bei der technischen Ausstattung, sondern vor allem auch bei der Weiterbildung und Qualifizierung der Beschäftigten.

Bei der bisherigen öffentlichen Auftragsvergabepraxis ist meist der Preis ausschlaggebendes Kriterium. Innovative, nachhaltige und klimafreundliche oder klimaangepasste Baustoffe und -verfahren kommen dadurch oft nicht zum Einsatz, der Lebenszyklus wird nicht betrachtet. Wie wollen Sie dies ändern?

Wir werden die öffentliche Auftragsvergabe weiter vereinfachen. Die Ausschreibungsverfahren müssen noch effizienter und noch einfacher werden. Kriterien wie die Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit von Baustoffen und – verfahren können dabei verstärkt eine Rolle spielen. Wir werden diese zudem stärken, indem wir gezielt Baustoffrecycling, innovative Dämmstoffe, Holzbau sowie Photovoltaik- und Solarthermieanlagen auf Dachflächen und über Parkplätzen fördern und in innovative Bauverfahren, wie den 3D-Druck, investieren. Denn das deutschlandweit erste Haus aus dem 3D-Drucker entstand bei uns in Nordrhein-Westfalen. Zudem machen wir serielle und modulare Bauverfahren zu einem zentralen Baustein der Klimaschutzstrategie für den Gebäudesektor.

Die SPD sieht eine Lösung dieser Problematik in der Ausgestaltung der Ausschreibungsrichtlinien. Hierbei muss stärker als bisher darauf abgehoben werden, dass die Nachhaltigkeit einer baulichen Anlage und die Qualität des Angebotes bei vergleichbarem Preis entscheidend für eine Vergabe werden muss. Insofern ist das Erfordernis der Kostensenkung als alleiniges Kriterium nicht pauschal anwendbar, insbesondere dann nicht, wenn es um Qualitätsstandards und Nachhaltigkeit geht.

Der stärkere Einsatz von recycelten und nachhaltigen Baustoffen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge muss bei der Vollzugspraxis des neuen Landes-Kreislaufwirtschaftsgesetzes konsequent umgesetzt werden. Dies werden wir evaluieren und, falls notwendig, im Austausch mit allen Beteiligten und den Verbänden Verbesserungen umsetzen. 

Wir sehen das Problem und werden dafür ein neues Tariftreue- und Vergabegesetz einsetzen, welches auf nachhaltige und soziale Kriterien ausgerichtet ist. Dies ist aus unserer Sicht notwendig, bis es ein echtes Lieferkettengesetz gibt. Zusätzlich möchten wir Kommunen dabei unterstützen, eine nachhaltige Beschaffung umzusetzen und somit auch einen Teil zur Veränderung beizutragen. Bauaufträge des Landes sollen dabei ständige Ausschreibungskriterien bezüglich der Wiederverwertbarkeit und des Einsatzes von Recyclingbaustoffen haben - z.B. für Beton, Glas oder Sekundäraluminium.

Wie wollen Sie die Akzeptanz für nachhaltige Baustoffe, wie z.B. Rezyklate und nachwachsende Rohstoffe, am Bau steigern, sind Quoten für Sie dabei eine Option und welche Rolle kann dabei die öffentliche Hand als Auftraggeber spielen?

Den Einsatz von nachhaltigen Baustoffen wie z.B. Rezyklaten fördern wir bereits seit dem am 19. Februar 2022 in Kraft getretenen neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz. Bei öffentlichen Ausschreibungen bzw. Aufträgen müssen Nachhaltigkeitskriterien eingehalten werden, um den Einsatz von Rezyklaten deutlich zu erhöhen. Die öffentliche Hand nimmt eine Vorbildfunktion ein und leistet einen wichtigen Beitrag zu Ressourcenschonung, insbesondere für künftige Generationen. Wir haben in unserem Land das technisch-industrielle Know-how, kostengünstige und zugleich klimaschonende Bauweisen flächendeckend zu entwickeln.

Um mehr Nachhaltigkeit beim Bauen zu realisieren, braucht es Anstrengungen aller relevanten Akteure. Hierbei kommt der weiteren Förderung des Baustoffes Holz große Bedeutung zu. Darüber hinaus müssen öffentliche Hand und Bauwirtschaft weiterhin für nachhaltiges Bauen werben. Städte und Gemeinden können in dieser Hinsicht durch repräsentative Bauten beispielgebend sein. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie in der finanziellen Situation sind, die dafür erforderlichen Qualitätsmaßstäbe auch finanzieren zu können.

Um günstiger und ressourcenschonender bauen zu können, setzen wir auf neue Entwicklungen in der Baubranche. In den nächsten Jahren wollen wir innovatives und nachhaltiges Bauen zusätzlich befördern. Wir wollen die Entwicklung und Nutzung neuer Baustoffe vorantreiben und zukunftsfähige Konzepte wie etwa „Cradle to Cradle“ nutzen. Gleichzeitig erleben wir eine völlig neue Entwicklung bei den Baumaterialien. Wir wollen die Marktreifung von Innovationen in diesem Bereich vorantreiben mit passgenauen Förderprojekten und Möglichkeiten der verbesserten Erprobung, etwa durch eine bauordnungsrechtliche Experimentierklausel. In angespannten Wohnungsmärkten und Stadtteilen mit besonderen Herausforderungen sollen zudem Hochhäuser nach höchsten ökologischen und städtebaulichen Standards in innovativer Bauweise entwickelt werden. 

Nachhaltige Baustoffe und die Kreislaufwirtschaft gewinnen zukünftig noch stärker an Bedeutung. Sekundärrohstoffe machen uns unabhängiger und bringen mehr Nachhaltigkeit. Wir dürfen Abfall nicht mehr als Müll, sondern müssen es als Ressource wahrnehmen. Wir möchten deshalb feste Quoten für die Verwendung recycelter Baustoffe festschreiben, z.B. von Kies, Sand oder Fest-gesteinen. Dabei möchten wir öffentliche Aufträge als Treibkraft der sozialökologischen Transformation nutzen. Zudem soll es für diese transparente und langfristige Klima- und Nachhaltigkeitsstandards und steigende Quoten für klimaneutrale Produkte geben.